Juni 2021

Buchrezension

Generation Haram – Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben

Karin Geishofer (23) studiert Lehramt Deutsch, Biologie und Umweltkunde
Vor Jahren war ich dieses kleine muslimische Mädchen, das nicht sprach, ich weiß also gut, wie es sich anfühlt, wenn immer andere über mich und für einen sprechen. Ich habe lange gebraucht, bis ich meine eigene Stimme gefunden habe. Und jetzt, da ich sie habe, werde ich nicht mehr leise sein, ich werde auf all jene hinweisen, die sonst immer nur als Objekte in der Berichterstattung vorkommen.“ Melisa Erkurt

So spricht Melisa Erkurt, Lehrerin und Journalistin, im Vorwort (S.12) ihres 2020 erschienenen Buches „Generation Haram – Warum Schule lernen muss, allen eine Stimme zu geben“ über ihre Erfahrungen der Diskriminierung und Vernachlässigung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund im österreichischen Bildungswesen. Sie setzt sich mit vielen unterschiedlichen Themen auseinander, zum Beispiel was es mit #metwo auf sich hat, was sie zur Debatte über das Kopftuch sagt oder warum gerade die Corona-Pandemie (das Thema verfolgt uns leider überallhin) die ungerechte Behandlung von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund verstärkt.  

Werden Migrantenkinder auch in absehbarer Zeit die größten Leistungsnachteile im österreichischen Bildungssystem erleiden? Wächst gerade eine Generation ohne Sprache und Selbstwert heran, der einfach keiner zuhört, während die immer Gleichen das Wort in der Bildungsdebatte erhalten? Jetzt sind mal die Verlierer dran mit Reden!" Melisa Erkurt (S. 14)

Bildungsgerechtigkeit ist nur eines von so vielen wichtigen Themen, welche die Autorin anspricht. Rassismus, Sexismus, Antisemitismus, das Gefühl von Heimatlosigkeit oder die Bedeutung von Vorbildern für junge Menschen spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in ihrem Buch. Melisa Erkurt zeigt auf, wo genau die Fehler im österreichischen Bildungswesen liegen und erzählt darüber, wie ungerecht viele Jugendliche mit Migrationshintergrund behandelt werden. Am Ende ihres Werkes formuliert sie Ziele, die es zu erreichen gilt, sodass keine weitere Generation ohne Stimme, ohne Selbstwert, ohne Resignation aufwachsen muss. Sie schlägt so zum Beispiel vor, dass auf dem Arbeitsmarkt eine Migrantenquote eingeführt werden sollte, sodass auch jene mit Migrationshintergrund Führungspositionen bekleiden.   

Melisa Erkurts Buch ist auf jeden Fall zu empfehlen, besonders für jene, welche die Macht besitzen, etwas an diesen Umständen zu ändern und allen eine Stimme zu geben. An dieser Stelle sei noch Melisa Erkurts neue Plattform, „die_chefredaktion“, auf Instagram erwähnt, ein journalistisches Medienprojekt, bei dem viele Jugendliche mit Migrationshintergrund mitwirken und erste Erfahrungen in der Welt des Journalismus sammeln.   

 

© Zsolnay Verlag