Juni 2020

Das große Best of Pest

Merlin Mayer (20) studiert Biologie und Politikwissenschaft

In den letzten Monaten haben wir etwas Außergewöhnliches erlebt. Eine weltweite Pandemie mit so dramatischen Auswirkungen auf das Leben von so vielen Menschen gleichzeitig hat es noch nie gegeben. Doch es ist nicht das erste Mal, dass sich eine Krankheit über mehrere Länder und Kontinente ausbreitet. Wer sind die berüchtigten Vorgänger von Covid-19?

Die Pest

Der Schwarze Tod, wie die Pest auch genannt wird, war bis vor ein paar Monaten wohl die bekannteste Seuche der Menschheitsgeschichte. Der Name Pest selbst kommt aus dem Lateinischen und heißt nichts anderes als „Seuche“. Das zeigt uns schon, dass die Pest jahrhundertelang die Seuche schlechthin war.

Die Krankheit wird vom Bakterium Yersinia Pestis ausgelöst und vor allem von Nagetieren beziehungsweise Flöhen, die diese Tiere befallen, übertragen. Schon vor mindestens 5000 Jahren litten Menschen an der Pest und auch in der Bibel ist von einer „Pest“ die Rede, wobei man natürlich nicht genau weiß, ob es sich dabei nicht um eine andere Krankheit handelte. Auf jeden Fall kam es in der Antike bereits zu großen Epidemien mit vielen Todesopfern in Kleinasien, Osteuropa und im Römischen Reich. Im Jahr 542 kam es zur ersten Pest-Pandemie. (Zur Erinnerung: Eine Pandemie ist eine Epidemie, die sich über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg ausbreitet.) Die Justinianische Pest, wie sie genannt wird, breitete sich von Ägypten im gesamten Mittelmeerraum aus. Über 200 Jahre lang wütete sie daraufhin in mehreren großen Wellen in und rund um Europa bis sie sich um 770 schließlich zurückzog.

Im 14. Jahrhundert kehrte die Pest nach Europa zurück. Der Begriff „der Schwarze Tod“ meint speziell die verheerende Pest-Pandemie die von 1346 bis 1353 ganz Europa heimsuchte. Vermutlich starben damals 20 bis 25 Millionen Menschen. Das entspricht einem Drittel der damaligen Bevölkerung Europas. Bis ins späte 18. Jahrhundert gab es immer wieder Ausbrüche der Krankheit in Europa. Mit der Zeit fand man heraus, dass man die Krankheit eindämmen konnte, indem man Betroffene 40 Tage lang isolierte. Der Begriff Quarantäne leitet sich vom französischen „quarantaine de jours“ ab. Das bedeutet 40 Tage.

Die Pest gibt es auch heute noch. Immer wieder kommt es zu Übertragungen des Erregers von Nagetieren auf Menschen. Allerdings ist sie als bakterielle Erkrankung relativ einfach mit Antibiotika behandelbar, weshalb die Sterblichkeitsrate deutlich niedriger liegt als noch im Mittelalter. Außerdem kann sie sich aufgrund der deutlich verbesserten Hygiene und der geringeren Nähe des Menschen zu Ratten deutlich langsamer ausbreiten.

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Die Spanische Grippe

Ursache der Spanischen Grippe war eigentlich ein gewöhnliches Influenzavirus, also aus der gleichen Gruppe, wie die Erreger, die die jährliche Grippewelle im Winter auslösen. Dieses Virus mit der Bezeichnung H1N1 allerdings infizierte von 1918 bis 1920 angeblich 500 Millionen Menschen – mehr als ein Viertel der damaligen Weltbevölkerung (1,8 Mrd.). Die Zahl der Todesopfer wird meist zwischen 25 und 50 Millionen geschätzt. Manche gehen sogar von bis zu 100 Millionen Toten aus. Zum Vergleich: An Covid-19 sind bis jetzt erst gut 3,2 Millionen (Stand: 30.4.2020) Menschen erkrankt.

Aber wie konnte ein „einfaches Grippevirus“ so dramatische Folgen haben? Dazu muss man wissen, dass Grippeviren extrem mutagen sind. Das heißt, dass sie sehr schnell Mutationen entwickeln, sich also ihr Erbgut verändert, wodurch sie andere Eigenschaften erlangen können. Man geht davon aus, dass dieses H1N1-Virus eine Mutation entwickelte, wodurch es einen Menschen innerhalb von Stunden nach dem Ausbruch der Erkrankung töten konnte. Der Grund dafür ist umstritten, aber möglicherweise kam es zu einer Autoimmunreaktion, bei der das Immunsystem überreagiert und nicht nur die Krankheitserreger, sondern auch den eigenen Körper – in diesem Fall die Lunge – angreift. Hinzu kommt natürlich auch, dass direkt nach dem 1. Weltkrieg die Menschen besonders anfällig waren und viele Soldaten das Virus bei ihrer Rückkehr in ihre Heimatländer einschleppten. Ohne die Truppenbewegungen hätte sich eine Krankheit damals wohl kaum über den gesamten Planeten ausbreiten können.

Dass ein Grippevirus erneut so gefährlich werden könnte, ist eher unwahrscheinlich. Man kann sich auch gegen die Grippe impfen lassen. Eine Impfung wird jährlich empfohlen und kostet ca. 15 Euro.

Bisher gilt die Spanische Grippe als größte Pandemie der Menschheitsgeschichte. Ob man sich in 100 Jahren ähnlich an Covid-19 erinnern wird, wie heute an damals, wird sich erst zeigen. 

HIV/Aids

Die Krankheit Aids (für Aquired Immune Deficiency Syndrom, deutsch: Erworbenes Immunschwächesyndrom) wird durch das Humane Immune Deficiency Virus (HIV) ausgelöst. Es wird über Blut und Sexualsekrete übertragen. Der größte Unterschied zu klassischen Seuchen besteht wohl darin, dass AidspatientInnen meist erst nach Jahren oder Jahrzehnten Symptome zeigen. Es kann zwar einige Wochen nach der Ansteckung zu grippeähnlichen Symptomen kommen, daraufhin beginnt jedoch die sogenannte Latenzphase. Man könnte auch Verzögerungsphase sagen. In dieser Zeit vermehrt sich das Virus im Körper hat aber keine Auswirkungen für die Betroffenen. Danach kommt es zu einer Schwächung und schlussendlichen Zerstörung des Immunsystems der Betroffenen. Dadurch kommt es meist zu Infektionen mit zahlreichen anderen Erkrankungen oder Tumoren, die schließlich zum Tod führen, weil der Körper sich nicht mehr wehren kann.

Aids gibt es beim Menschen vermutlich seit den 1930er Jahren, allerdings trat es erst um 1980 in großer Häufigkeit auf. Seitdem starben 35 Millionen Menschen nach einer HIV-Infektion. Heute gibt es Therapien, die die Viren im Körper unterdrücken, sodass Betroffene nicht mehr ansteckend sind und ihre Lebenserwartung deutlich verlängert wird. Allerdings hat man noch keine verlässlichen Medikamente entdeckt, die das Virus vollständig aus dem Körper entfernen können, obwohl es immer wieder erfolgversprechende Studien gibt. Heute gibt es circa 38 Millionen HIV-Infizierte weltweit, die meisten davon in Afrika. Während in Österreich 0,11% der Bevölkerung infiziert ist, sind es in vielen Ländern im Süden von Afrika über 10%, in einigen sogar mehr als 20%.