Extremwetterereignisse
und der Klimawandel
Merlin Mayer (21) studiert BiologieEin Tornado in Tschechien, tödliche Überflutungen in Deutschland, Belgien und Österreich, und zerstörerische Waldbrände in Sibirien und Griechenland. Das ist nur eine kleine Auswahl der Umweltkatastrophen, die der heurige Sommer mitgebracht hat. Das Wetter spielt verrückt. Auch das ist eine Folge des Klimawandels.
Durch den Klimawandel steigt die Temperatur auf der Erde – das ist klar sichtbar und auch gut dokumentiert. Laut dem neusten Bericht des IPCC (International Panel on Climate Change) ist die Erde heute um 1,09 °C wärmer als vor der Industrialisierung (1850-1900), als die Menschheit begann fossile Brennstoffe zu nutzen und CO2 in die Atmosphäre zu blasen. Doch warum führt diese Erwärmung zu mehr Umweltkatastrophen bzw. Extremwetterereignissen, wie die Wissenschaft sie nennt?
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Hitzewellen
Dass die Erwärmung der Erdoberfläche zu mehr Hitze führt, ist eine Schlussfolgerung, für die man definitiv keinen Doktortitel braucht. Dennoch, wenn es immer um 1,09 °C heißer wäre, käme es nicht zu Hitzerekorden, wie die im Juni in Kanada gemessenen 49,6 °C – mehr als 5 °C wärmer als die heißeste dort jemals zuvor gemessene Temperatur! Die scheinbar kleine Änderung der weltweiten Durchschnittstemperatur von etwas mehr als 1 °C bringt komplexe Wettersysteme aus dem Gleichgewicht, die seit Tausenden Jahren stabil waren. Zum Beispiel war der Grund für die frühsommerliche Hitze in Nordamerika ein sogenannter „Heat Dome“. Dabei handelt es sich um ein Hochdruckgebiet (worin Luft aus großer Höhe zu Boden sinkt und sich dabei erwärmt), das nicht weiterzieht und an Ort und Stelle verharrt. Die warme Luft am Boden steigt auf, wird jedoch wieder in Richtung Boden gedrückt und dabei weiter erwärmt. Man kann sich das Phänomen wie eine Kuppel aus heißer Luft vorstellen – daher „Heat Dome“.
Grund dafür, dass sich Wetterlagen wie ein Hochdruckgebiet nicht vom Fleck bewegen, kann eine Störung der Jetstreams sein. Jetstreams sind sehr starke Höhenwinde, die ringförmig um den gesamten Globus ziehen und dabei darunter liegende Wetterlagen sozusagen mitreißen. Durch die wärmeren Luft- und Wassertemperaturen an der Ozeanoberfläche, kommt es jedoch immer öfter zu Störungen des Polarfrontjetstream, der vor allem für das Wetter in Europa von großer Bedeutung ist.
Waldbrände
Hitzewellen bringen häufig auch Trockenheit mit sich. Wenn Regen ausbleibt und die drückend heiße Luft dem Boden die Feuchtigkeit raubt, sind Wasserknappheit und Waldbrände meist unvermeidbar. In trockenen Wäldern mit viel Unterwuchs können sich die Flammen blitzartig ausbreiten und sind fast unmöglich einzudämmen. Während Feuerkatastrophen in Österreich noch kein großes Thema sind, kann man einen starken Anstieg bei der Häufigkeit und der Fläche von Waldbränden in Italien, Griechenland, Kalifornien und auch Sibirien sehen. Wenn wir es jedoch nicht schaffen, die Erderwärmung unter 2 °C zu halten, wird auch bei uns die Brandgefahr deutlich ansteigen. Im Mittelraum wird schon jetzt darauf reagiert und unter anderem mit dem Pflanzen feuerresistenter Bäume begonnen.
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Extreme Regenfälle und Überschwemmungen
Regen kann nur dann stattfinden, wenn zuvor Wasser von der Erdoberfläche verdunstet. Wasserdampf steigt auf und kondensiert schließlich in den kälteren, höheren Luftschichten – wird also wieder flüssig. Dieses flüssige Wasser fällt dann als Regentropfen vom Himmel. Je wärmer Luft ist, desto mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen, deswegen ist es im Sommer häufig schwül, wenn die Luft sehr „feucht“ ist. Durch den Klimawandel wird die Temperatur der Atmosphäre wärmer, was bedeutet, dass sie mehr Wasser aufnehmen kann. Das hat mehrere Auswirkungen auf das Wetter. Einerseits verdunstet mehr Wasser und es dauert länger, bis es wieder abgeregnet wird, wodurch das Land austrocknet. Andererseits sind Regenereignisse heftiger, da mehr Wasser in der Luft vorhanden ist und zu Boden fallen kann. Wenn große Mengen Wasser auf sehr trockene Böden treffen, kann es sehr schnell zu Überschwemmungen kommen, da trockene Böden paradoxerweise weniger Wasser aufnehmen können als feuchte. Die Überschwemmungen, die im Juli auch im Bezirk Krems stattfanden, wurden durch ein einziges, gewaltiges Gewitter mit extremen Niederschlagsmengen verursacht. Innerhalb von weniger als zwei Stunden verwandelten sich kleine Bäche und Rinnsale in reißende Ströme und überfluteten Straßen und Keller.
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Extremwetterereignisse werden in Zukunft noch schlimmer
Alle hier beschriebenen Ereignisse finden jetzt schon statt. Wenn die Menschheit es nicht schafft den Klimawandel auf weniger als 2 °C – besser 1,5 °C – zu beschränken, werden Umweltkatastrophen unvermeidbar häufiger und heftiger stattfinden. Daher ist es notwendig, so schnell wie möglich Maßnahmen zu treffen, die den Treibhausgasausstoß reduzieren.
Quellen:
https://science.sciencemag.org/content/352/6293/1517.full
https://earthjustice.org/features/how-climate-change-is-fueling-extreme-weather
https://www.carbonbrief.org/mapped-how-climate-change-affects-extreme-weather-around-the-world
https://www.c2es.org/content/extreme-weather-and-climate-change/
https://www.br.de/wissen/wetter-extremwetter-klimawandel-100.html
https://www.bbc.com/news/science-environment-58073295
https://www.klimafakten.de/meldung/wie-reden-ueber-den-zusammenhang-von-klimawandel-und-extremwettern-ueber-hitzewellen-koennen
https://orf.at/stories/3224168/
https://science.orf.at/stories/3208102/
https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg1/downloads/report/IPCC_AR6_WGI_SPM.pdf