Juni 2021

Nie mehr langweilige Urlaubsfotos

- wie man in kurzer Zeit Fotografieren lernt

Merlin Mayer (20) studiert Biologie

Momente in Bildern festhalten zu können, hilft uns dabei sich daran zu erinnern. Doch obwohl Smartphones schon wahnsinnig gut darin sind, die richtigen Kameraeinstellungen für uns zu wählen, gibt es für diejenigen, die Kontrolle über ihre Fotos selbst in die Hand nehmen, viel zu entdecken.

Kennt ihr das? Die Urlaubsfotos, die man zuhause herzeigt, schauen einfach nicht so spektakulär aus wie man dachte, als man sie gemacht hat. Man steht vor einer jahrhundertealten Ruine oder sieht eine beeindruckende Bergkulisse und denkt, hier kann man richtig tolle Fotos machen, aber das was dann auf dem Smartphone-Display abgebildet wird entspricht so gar nicht dem, was man sich vorgestellt hat. In dieser Situation war ich vor etwa einem Jahr und wenn es euch auch so geht, dann ist es an der Zeit, etwas über Fotografie zu lernen. Ich kann euch sagen: Es lohnt sich.

Die Wahl der Kamera

Die erste Frage, die sich stellt, ist natürlich: Womit kann ich denn eigentlich fotografieren? Im Grunde ist das gar nicht so wichtig. Ob mit dem Handy, einer 30 Jahre alten Analogkamera oder einer 5000€ teuren Profikamera, mit all diesen Geräten kann man gute Fotos machen. Natürlich haben unterschiedliche Fotoapparate auch verschiedene Qualitäten, die das Fotografieren auf die eine oder andere Art erleichtern, doch für den allerersten Anfang ist wohl das Smartphone am besten geeignet. Denn das hat fast jede*r überall dabei und ihr müsst nicht gleich Geld ausgeben, bevor ihr wisst, ob euch Fotografieren überhaupt Spaß macht. Das Problem bei den Handys ist allerdings, dass die meisten nur einen Automatikmodus besitzen oder einen sehr umständlich zu bedienenden manuellen Modus, der für Anfänger*innen in erster Linie verwirrend ist.

Eine Kompaktkamera wie diese ist perfekt für den Einstieg (Quelle: Unsplash.com)

Am idealsten für den Einstieg ist meiner Meinung nach eine kleine Kompaktkamera mit Zoomfunktion. Vielleicht haben eure Eltern oder andere Verwandte sowieso schon so eine zuhause, die für Urlaubs- und Familienfotos verwendet wird. Ansonsten bekommt man ein gutes Modell dieser kleinen Universalkameras für schon etwa 200€. Weil sie so einfach zu bedienen sind, nennt man sie auf Englisch auch Point-and-Shoot Kameras. Allerdings eignen sie sich auch sehr gut dazu, die ersten Erfahrungen abseits des Automatikmodus zu machen. Dazu müsst ihr das Auswahlrad, dass sich oben auf der Kamera befindet einfach einmal auf M wie “manuell” drehen. Denn erst, wenn ihr wisst, wie ihr fotografiert, wenn ihr alle Einstellungen selbst vornehmen müsst, könnt ihr auch verstehen, wie Kameras eigentlich funktionieren.

A steht für „aperture priority“, S für „shutter priority“ und M für „manual mode“. Die Programme iA und P sind Automatikmodi. (Quelle: Merlin Mayer)

Das Exposure Triangle

Das Exposure Triangle oder auf Deutsch das Belichtungsdreieck ist der magische Schlüssel zum Verständnis von Fotoapparaten. Zur Erläuterung möchte ich diese Grafik von expertphotography.com nutzen. Den Artikel Photography for Beginners (The Ultimate Guide) auf dieser Website kann ich sehr empfehlen, falls ihr keine Probleme mit Englisch habt. Es gibt auch ähnliche Artikel auf Deutsch, aber keiner, den ich gefunden habe, bringt die wichtigen Dinge so gut auf den Punkt wie dieser hier.

Das Exposure Triangle. (Quelle: expertphotography.com)

Wie hell ein Foto wird, hängt von drei Einstellungen an der Kamera ab, die man im manuellen Modus alle selbst einstellen kann. Das sind die Belichtungszeit (Shutter Speed), die Blendenöffnung (Aperture) und der ISO-Wert. Die Belichtungszeit ist am einfachsten zu verstehen. Sie gibt an, wie lange das Foto aufgenommen wird – das heißt wie lange der Sensor das durch die Linse einfallende Licht aufnimmt. Je länger die Belichtungszeit, desto mehr Licht wird aufgenommen und dementsprechend heller ist das Bild. Dann gibt es noch die Blende (Aperture). Das ist jenes Loch, durch das das Licht auf den Sensor fällt. Je größer die Blende ist, umso mehr Licht trifft auf den Sensor und umso heller ist wiederum das Foto. Etwas verwirrend ist zu Beginn, dass die Blendengröße als Bruchzahl angegeben wird. Das heißt, bei einer Blendenzahl von f/22 ist die Blende weiter geschlossen als bei f/2.8. Zu guter Letzt fehlt noch der ISO-Wert. Der funktioniert etwas anders als Blende und Belichtungszeit. Er bestimmt wie sensibel der Sensor einer Digitalkamera das eintreffende Licht aufnimmt. Je empfindlicher er ist, umso heller ist wieder das Bild. Der ISO-Wert sollte allerdings immer möglichst niedrig gehalten werden, da die Bildqualität bei höheren ISO-Werten abnimmt.

Geht raus und macht Fotos

Damit wisst ihr genug, um eure Kamera auf “manuell” zu stellen und könnt selbst ein Gefühl dafür bekommen, was die jeweiligen Einstellungen bewirken. Wenn ihr einmal die Basics beherrscht, ist das allerwichtigste, mit eurer Kamera vertraut zu werden und einfach zu üben. Das Schöne an der Fotografie ist, dass man eigentlich nichts falsch machen kann. Wenn euch eure Fotos gefallen, habt ihr alles richtig gemacht. Aber natürlich kann man die Technik stets verfeinern und lernen wie man mit verschiedenen Lichtbedingungen, Objektiven oder anderem Equipment umgeht.

YouTube als Lernplattform

Es gibt unzählige Fotografiekurse, die euch angeboten werden, wenn ihr beginnt, euch mit dem Thema zu beschäftigen. Die mögen gut sein, sind aber nicht notwendig. Alles was ihr wissen müsst, findet ihr im Internet. Eine absolute Goldgrube für Fotografietipps ist YouTube. Viele Profi-Fotograf*innen nutzen YouTube, um sich etwas dazuzuverdienen oder nutzen es sogar als Haupteinnahmequelle, weshalb man dort zu wirklich jeder erdenklichen Frage eine Antwort findet. Da sich Fotograf*innen naturgemäß mit Kameras auskennen, sind sie meist auch gut im Filmen und Schneiden von Videos, was die Videos wirklich angenehm anzuschauen und unterhaltend macht. Also lieber Geld sparen und anstatt teure Kurse zu besuchen, nächtelang YouTube-Videos schauen.

Darf ich meine Fotos bearbeiten oder ist das Cheating?

Die klare Antwort lautet: Ja! Fotobearbeitung ist nicht nur erlaubt, sondern gehört zu einem guten Foto heutzutage einfach dazu. Wenn ihr euch auf Instagram die Fotos auf Seiten wie National Geographic, Voyaged, usw. anschaut, dann könnt ihr davon ausgehen, dass 99,9% der Bilder, die ihr dort seht, bearbeitet sind. Mit einer guten Bearbeitung könnt ihr euren Werken den letzten Schliff geben. Dabei solltet ihr allerdings vorsichtig sein, denn vor allem Anfänger*innen passiert es häufig, dass Fotos „überbearbeitet“ aussehen. Weniger ist häufig mehr. Was die Wahl des Programms angeht, kann ich Adobe Lightroom wärmstens empfehlen. Das ist das bei weitem beliebteste Programm zur Nachbearbeitung von Fotos und wird auch von Profis genutzt, weshalb es aber auch recht teuer ist. Es gibt kostenlose Alternativen wie GIMP, das ist allerdings relativ umständlich zu bedienen. Wenn ihr euch eine Kamera kauft, bekommt ihr häufig auch die Berechtigung ein Bearbeitungsprogramm des Kameraherstellers kostenlos zu nutzen.