Juni 2022

Fragen zu Krieg und Frieden

Hannah Metzker (21) studiert Geschichte und Politikwissenschaft

Was ist Krieg?

Klickt man sich durch Wikipedia, so stolpert man über die Definition der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung, die Krieg als „organisierten und unter Einsatz erheblicher Mittel mit Waffen und Gewalt ausgetragenen Konflikt bezeichnet, an dem planmäßig vorgehende Kollektive beteiligt sind.“. Klingt kompliziert (ist es auch), aber heruntergebrochen bedeutet das: Krieg ist, wenn sich zwei oder mehrere Staaten verabreden, um sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Diese Definition verabsäumt aber einige Punkte, die man unbedingt mitbedenken muss. In den letzten Jahren wurde, aufgrund der rapide fortschreitenden technologischen Entwicklungen, der Cyberspace immer mehr zum Schauplatz für internationale Konflikte: Cyber-Attacken können erwiesenermaßen großen Schaden anrichten, auch für die Zivilbevölkerung (mehr dazu in Ausgabe 74).

Außerdem verabsäumt die nüchterne Wikipedia-Definition die emotionale Komponente von Krieg. Denn meistens treffen Bomben nicht nur Fabriken, Felder und Häuser, sondern zielen auch mitten in das Herz einer Gesellschaft.

Krieg als politisches Mittel.

Krieg ist organisierte, geplante Gewalt. Geplant wird sie dabei meistens von Politiker*innen und von diesen auch in Auftrag gegeben. Der preußische Generalmajor Carl von Clausewitz schrieb dazu 1832: „Krieg ist die bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln.“ – was auf den ersten Blick wohl etwas provokant erscheint sollte jedoch auf jeden Fall zum Nachdenken anregen. Denn Clausewitz warnt bereits in seinem fast 200 Jahre alten Werk „Vom Krieg“ davor, dass der Krieg aus Selbstzweck in humanitären Katastrophen mündet und nicht, wie eigentlich gedacht, als Mittel zum politischen Zweck, als Notlösung, wenn Diplomatie an ihre Grenzen stößt, dient.  

Gibt es im Krieg Regeln?

Politik, das betonte Clausewitz auch, ist dazu da, um dem Krieg Regeln zu bieten. Um ihm Grenzen zu setzen. Das heute gültige Völkerrecht, das mit den Genfer Konventionen beschlossen wurde und mittlerweile auch in der UN-Satzung verfestigt ist, sichert zwei essenzielle Wertegrundlagen (oder versucht es zumindest): Einerseits das Recht auf Krieg, also die Legitimation von militärischer Gewaltausübung, und andererseits das Recht im Krieg. Hierbei geht es um die Frage nach dem Umgang mit Kriegsgefangenen, der Bevölkerung und ihrem Besitz. Ob und wie diese Regeln jedoch eingehalten werden, ist fragwürdig. Auch die Auslegung der Kriegsgeschehnisse, also ab wann ein Kriegsverbrechen ein Kriegsverbrechen ist und auch als solches bezeichnet werden darf, hängt oftmals von der Betrachtungsseite ab. Tatsachen und Fakten fallen dabei häufig Kriegspropaganda und subjektiver Berichterstattung zum Opfer.

Stell dir vor, es gibt Krieg, und keiner geht hin. 

Dieses Zitat wird fälschlicherweise Bertholt Brecht zugesagt, stammt aber eigentlich von Dichter und Historiker Carl Sandburg. Der Spruch klingt, als wäre er die Lösung aller Probleme. Könnte er auch sein, aber ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn Krieg passiert nie aus dem Nichts, sondern basiert auf komplexen Handlungssträngen. Dabei geht es in erster Linie um ein Kräftemessen zwischen mehreren Akteur*innen, die alle eigene Interessen vertreten und für sich das Beste herauszuholen versuchen. Und so muss man wohl trotzdem anerkennen, dass, wie der ehemalige britische Premierminister Arthur Neville Chamberlain bereits festgestellt hat, es im Krieg keine Gewinner gibt, nur Verlierer – unabhängig davon, welche Seite sich als Sieger versteht.